Begrüßung bei der Vereinsfeier: Wen zuerst?

Ich habe noch niemals eine Vereinsfeier bzw. Jahreshaupt- oder Mitgliederversammlung erlebt, auf der die Ehrengäste, die offiziell begrüßt wurden, nicht bescheiden abgewiegelt hätten mit einem „Das ist doch nicht nötig.“ Und es war auch immer so, dass genau diese Ehrengäste zumindest pikiert waren, wenn sie vergessen wurden. Kommen wir deshalb zu einer der größten Herausforderung eines Vereinsvorsitzenden: Wen begrüße ich und in welcher Reihenfolge?

Erste Variante: Alle zusammen

Der Vorsitzende, der auf Nummer sicher geht, holt bei der Begrüßung zum verallgemeinernden Rundumschlag aus. Er bittet um Verständnis, dass

  • es ihm nicht möglich sei, bei der großen Anzahl von Ehrengästen alle zu begrüßen, und er deshalb
  • alle gemeinsam begrüße, nicht
  • ohne aber seiner besonderen Freude und seinem übergroßen Dank Ausdruck zu verleihen.

Der Haken dabei: Sollte ein hochrangiger Politiker (Landrat, Regierungspräsident, Minister etc.) anwesend sein, dann werden es nur die wenigsten Vorsitzenden wagen, diesen nicht zu begrüßen. Und hat man erst einmal damit angefangen, ist man automatisch bei der aufwändigeren Alternative.

Zweite Variante: Jeder einzeln

Der wichtigste Tipp vorab: Auf einem Zettel alle anwesenden Ehrengäste notieren. Denn der größte Fehler, der dem Vorsitzenden hier unterlaufen kann, ist, einen Ehrengast zu übersehen bzw. zu vergessen. Die Erklärungsnot danach ist groß und aufwändig.

Die Reihenfolge der zu begrüßenden Ehrengäste folgt einem allerorts üblichen Konsens:

  1. Pfarrer: Zugegebenermaßen nur in katholisch geprägten Regionen an Nummer 1. Ansonsten folgt er dem Bürgermeister hinten an.
  2. Minister und mehr. Ja, wenn schon mal einer da ist, dann gehört seine Anwesenheit auch gebührend herausgestellt.
  3. Landrat: Siehe 2.
  4. Bürgermeister: Besonders unterstreichen, wenn er keinen Stellvertreter geschickt hat, was er in größerem Gemeinden meistens tut. Er kann sich schließlich angesichts der Terminflut schlecht teilen.
  5. Gemeinderäte: Man weiß nie, ob und wann man sie benötigt. Sie sorgen schließlich für Mehrheiten im Gemeinderat.
  6. Vertreter benachbarter/befreundeter Vereine: Im Gegenzug freut man sich auch, wenn man einen anderen Verein besucht und mit der persönlichen Begrüßung wertgeschätzt wird.
  7. Ehrenvorsitzende: Allein aus Selbstschutz des aktuellen Vorsitzenden unbedingt nötig.
  8. Vorstandskollegen: Teamplayer tragen damit zur internen, positiven Vorstandschafts-Stimmungsbildung bei.
  9. Medien: Natürlich „last but not least“ und mit der freundlichen Bitte um eine wohlwollende und ausführliche Berichterstattung (ein Rat noch am Rande: Es versteht sich von selbst, dass die Zeche des meist nebenberuflichen Berichterstatters der Verein übernehmen sollte).

Noch ein Hinweis: Die Reihenfolge in der Begrüßungsansprache zu missachten, ist immer auch ein deutliches Zeichen der Geringschätzung. Und ohne Zweifel kommt die Botschaft beim Adressaten auch an, zumal die Ehrengäste sehr genau wissen, wann sie eigentlich an der Reihe wären. Sollte der Vorsitzende also Probleme mit dem Bürgermeister haben, dann

  • stellt er ihn entweder hintenan um ihm seine Verachtung zu zeigen und mitzuteilen, dass er sich nicht alles gefallen lasse, oder
  • er stellt ihn ganz weit nach vorne um ihm seine Großzügigkeit und Souveränität zu demonstrieren. Die Botschaft: „Kleingeister? Vielleicht bei euch in der Politik, aber nicht bei uns im Verein!“

Und noch eine Anekdote: In meiner Heimatstadt hatte der Vorsitzende, der zugleich Wirt der größten Gaststätte (Saal inklusive) war, zur Neueröffnung des Vereinsheims rund 200 Gäste geladen. Er begrüßte die zehn Ehrengäste – und erhielt just zu diesem Zeitpunkt aus der Küche die hysterische Meldung, dass das Buffet noch nicht fertig sei. Er müsse deshalb die Begrüßung verlängern. Der Vorsitzende tat dies … und begrüßte in der folgenden Stunde nacheinander alle 200 Gäste.

Während die ersten 50 persönlichen Begrüßungen noch mit Staunen und Ungeduld quittiert wurden, entwickelte das Szenario ab Gast 51 eine unheimliche Dynamik. Spätestens ab Nummer 61 wurde jeder Gast unter Johlen und frenetischem Beifall begrüßt – und der Abend ist heute Legende. Kein damaliger Zeitzeuge, der nicht stolz verkündet: „Ich war dabei.“

Ihr kennt Anekdoten von lustigen, besonderen oder verunglückten Grußworten? Dann verratet sie uns doch bitte via Kommentar-Funktion oder einfach per eMail an blog@vereinskult.de.

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