Warnung vor dem gefährlichen Kulturverein!

Von Bernhard Krebs

Du bist ein Kulturbanause? Du kannst Verdi nicht von Goethe unterscheiden – bist aber aus den unterschiedlichsten Gründen damit unzufrieden? Deshalb überlegst du dir, einem Kulturverein beizutreten, weil du schon immer die Leute bewundert hast, die souverän über Kunst und klassische Musik erzählen? Natürlich kannst du das tun, aber sage nicht, ich hätte dich nicht gewarnt!

Vielleicht liegt es an der frühen Entscheidung für den Sport (es kann allerdings auch die erste Freundin, Typ „höhere Tochter“, gewesen sein), die mich als Jugendlicher zu Kunst und Kultur hinzog. Jahre später war ich nicht nur Mitglied im Heimat- und Volkstrachtenverein, sondern auch in einem Kulturverein, der sich der Wahrung der hohen (vor allem bildenden) Kunst und der Oper verschrieben hatte. Warum das eine UND das andere – nun, die Interessen der Vorsitzenden, einer typischen Diktatorin, haben es vorgegeben.

Den Mitgliedsantrag für den Kulturverein zu unterzeichnen, fiel leichter dank Monaco Franze, der es Opern-Snobs mit einem „A rechter Scheißdreck war´s“  richtig gezeigt hat. Wobei ich zugegebenermaßen erst durch Dr. Schönfärber gelernt habe, wie man richtig Wein bestellt. Sei es, wie es sei: Ich war (und bin) also Mitglied im Kulturverein – und erwischte bereits bei der ersten Ausstellungseröffnung mit nahezu blinder Treffsicherheit die ersten beiden Kultur-Fettnäpfchen.

Zum einen wusste ich nicht, dass ich mich auf einer Vernissage befand, zum anderen meinte ich beim Anblick des zweiten Bildes lapidar in die Runde: „Mir gefällt´s.“

Ja, wo kommen wir denn hin, wenn es so einfach wäre!?!

Es sind übrigens in den seltensten Fällen die Künstler selbst, die darauf pikiert reagieren. Das Leben schwer machen uns vielmehr die unterbeschäftigten Kunsthistoriker im roten Schal, die Prosecco-Gläser schwenkenden Damen im Kostüm UND die Feuilletonisten (so nennen sich die Journalisten, die vom Geist der Kultur durchdrungen sind), die jede Vernissage bevölkern und wortreich das Werk des Künstlers rühmen.

Für mich ist es zum Beispiel ein durchaus ansprechendes und ernsthaftes Bild mit Farbe, für die anderen eine eindrucksvolle Demonstration der Urgewalten im steten Kampf um das Überleben der Menschheit. Ein anderes (Landschafts-)Bild finde ich langweilig, während ich kurz darauf im Gespräch mit Frau Konsul und Herrn Doktor erfahre, dass die Allegorie auf die Vergänglichkeit der Schöpfung keinen unberührt lassen kann.

Und ich verstumme gänzlich, wenn mich die lieblose Schmiererei an die Frühwerke meines gänzlich untalentierten Sohnes erinnert, am Neben-Stehtisch aber ausgewiesene Kunst-Kenner die abstrakte Genialität der Malerei rühmen.

Wer bitte bleibt hier noch sicher bei seiner Meinung, wenn ihm immer wieder aus Neue seine Ignoranz und Dummheit schmerzhaft vor Augen geführt werden?

ZUM GLÜCK gibt es Ephraim Kishon. Der Satiriker hat mit „Picassos süße Rache“  ein wunderbar freches UND hilfreiches Buch geschrieben, in dem er vor allem die Kunstkritik und deren zuweilen inhaltsloses Geschwafel unter die Lupe und aufs Korn nimmt.

Ein herrliche Bildbeschreibung, die Kishon zitiert, lautet: „Kosmisch aufsteigende Zellenblasen von zeitloser Transfiguration. Spiraloide und fluodoide Antagonismen der archetypischen und chimärenhaften Esoterik.“

Was das heißt?

Ganz einfach: NICHTS.

Natürlich habe ich Kishons Satire auch bei den Mitgliedern meines Kunstvereins vorgebracht. Etliche blickten verstört, andere verärgert, aber die meisten lachten darüber. Das wiederum gibt Hoffnung. Oder auch nicht.

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