Wiener Schnitzel, Penne oder bunter Salat?

Von Bernhard Krebs

Das Leben ist wahrlich schwer genug. Und als Topping der lebenslangen Misere obenauf gibt es auch noch Vereinsausflüge. Nicht dass ihr mich missversteht: Vereinsausflüge als solche sind in Ordnung, machen sogar reichlich Spaß, wenn nur als Höhepunkt des Ausflugs das geplante gemeinsame Essen im Gasthof nicht wäre. Denn: Schon heute, etwa zwei Wochen vor dem Vereinsausflug, muss ich wissen, welches Gericht mich am meisten gelüsten wird.

Gerade nämlich schickte unser an alle Teilnehmer des Vereinsausflugs eine knappe Liste mit drei Speisen, aus denen wir zu wählen haben. Und zwar HEUTE!

Der Gasthof hat wegen besserer Planung darum gebeten, unser Verein will da nicht zicken und ihm gerne den Gefallen tun. Denn wir alle wissen: Planung ist alles.

  • Schweineschnitzel Wiener Art mit Kartoffelsalat,
  • Penne (Nudeln) arrabiata oder
  • Bunter Salatteller nach Art des Hauses (nicht nur) für die Vegetarier.

Auf den ersten Blick, so scheint es, fällt die Entscheidung leicht. Doch dann beginne ich nachzudenken. Was nehme ich denn bloß? Warm oder kalt, schwer oder leicht? Scheint am Tag des Vereinsausflugs die Sonne oder fröstle ich? Wie sehr werden mich Besichtigung und Spaziergang anstrengen, so dass schwere Kost mich nur ermüdet? Oder gibt es Alkohol, der bei leichtem Essen sofort ins Blut dringt und aufs Gemüt schlägt? Werde ich vor dem Ausflug schon mit meiner seit Langem geplanten Diät begonnen haben? Fällte ich gar den Entschluss, künftig als Vegetarier mein Leben zu verbringen? Oder umgekehrt?

Zugegeben, die Vorstandschaft hat den Vereinsausflug perfekt organisiert. Aber sie hat unter anderem vergessen, den Wetterbericht beizulegen.

Die Preise, das besagt das Angebot, sind sehr günstig. Und in dem Gasthof, den ich bereits von anderen Vereinsausflügen kenne, habe ich noch nie schlecht gegessen. Die Qualität der Speisen ist also nicht das Problem – dafür aber, dass aufgrund organisatorischer Vorgaben jegliche Spontanität ausgeschlossen worden ist.

Es gibt kein Zurücklehnen vor der Speisekarte, keine der Situation und dem eigenen Befinden angemessene Entscheidung.

Ich werde mich also, wie immer, für das Wiener Schnitzel entscheiden. Und ich weiß heute schon, dass ich just beim Vereinsausflug, kurz vor Essenseinnahme, unbändige Lust auf Penne mit Scampi bekomme. Der bunte Salat ist zwar unwahrscheinlich, aber auch ihn möchte ich heute noch nicht völlig ausschließen.

Nun ja, eine Chance habe ich. Ich tue im Fall der Fälle einfach so, als hätte ich die Nudeln bestellt – keiner wird mir das Gegenteil beweisen können, solange ich im Vorfeld schweige. Fair ist das nicht, ich weiß. Aber mal ehrlich: Der Gasthof hat es selbst so gewollt. Irgendwie jedenfalls.

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