Die Fußballer bekommen eh immer alles!

Sportvereine mit mehreren Abteilungen sind wie Familien mit mehreren Kindern. Und hier wie dort gibt es neben dem Zusammenhalt auch immer wieder Streit und Eifersüchteleien. Wenn es zum Beispiel in Familien unweigerlich heißt, „Mama, du bevorzugst immer meinen Bruder“ oder „Papa, meine Schwester ist dein Liebling“, dann gilt im Verein „Die Fußballer bekommen doch eh immer alles!“.

Die Fußballabteilung, genauer die 1. Fußballherrenmannschaft, als Liebling des Vereins – ich weiß nicht, ob dies ein typisch deutsches Phänomen ist. Aber in Deutschland gilt es in jedem Fall. Also zumindest meistens.

„Die Fußballer bekommen doch eh immer alles“ liest man gerne in Online-Kommentaren, wenn über finanzielle Zuwendungen an die 1. Fußballmannschaft berichtet wird. Man hört den Vorwurf außerdem bevorzugt auf Mitgliederversammlungen – und selbst auf der Zuschauertribüne eines Fußballstadions ist er gar nicht so selten anzutreffen.

„Die Fußballer bekommen doch eh immer alles“, wird leiser (dennoch vernehmbar), wenn die „Erste“ höherklassig spielt und von Erfolg zu Erfolg eilt. Und er wird lauter, wenn Niederlagen nur Negativmeldungen hervorbringen.

Ich war NIE Mitglied einer Fußballabteilung. Tischtennis, Wandern, Kegeln, Ski, Volleyball – überall dabei gewesen, aber Fußball – nein. Und dennoch schmunzle ich, wenn ich den Vorwurf höre. Nicht, weil er falsch wäre (ist er manchmal, aber nicht immer), sondern weil ich so gerne Fußball schaue. Vor dem Fernseher und VOR ALLEM am Spielfeldrand. Es ist einfach herrlich

  • einmal unfair sein zu dürfen und selbst bei 90minütiger Feldüberlegenheit des Gegners die Niederlage der eigenen Mannschaft als absolut unverdient anzusehen
  • zu fachsimpeln und Bundestrainer sein zu dürfen – ohne auch nur im entferntesten Ahnung von Technik, Taktik und überhaupt zu haben
  • mit mehr als 50 Leuten einem Spiel zuzusehen (was jenseits der Metropolen fast nur bei Fußball möglich ist)
  • aufgrund der Spieldauer von 90 Minuten genügend Zeit zum Ratschen zu finden
  • zu wissen, dass die Verpflegung durstiger und hungriger Zuschauer gesichert ist

…UND Sportfreunde vom Tischtennis, Kegeln, Turnen, Tennis, Basketball, Volleyball etc. zu treffen. Genau: Ein Fußballspiel versammelt häufig alle anderen Abteilungen! Und sogar die Emanzipierten unter den Fans dürfen sich über eine stetig steigende Frauenquote freuen.

Da sieht man dann auch gerne darüber hinweg, dass der Vereinszusammenhalt der Abteilungen leider in den meisten Fällen eine Einbahnstraße ist. Jedenfalls wurde nur in den wenigsten Vereinen schon ein Fußballer bei Spielen bzw. Meisterschaften der anderen Abteilungen beobachtet. Der beinharte Verteidiger jubelt den Aerobic-Athleten zu, der torhungrige Stürmer applaudiert dem Kegler, der umsichtige Mittelfeldstratege als Stammgast bei Schachturnieren – undenkbar!!!

„Die Fußballer bekommen doch eh immer alles.“ Und es ist gut so. Denn Vereine sind wie Familien. Und in jeder Familie gibt es diejenigen, die im Vordergrund stehen. Solange alle anderen dabei zuschauen, mitjubeln und mitleiden ….alles gut.

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One comment

  1. Fußball ist und bleibt nach wie vor der populärste Sport in Deutschland. Da die Nachfrage so enorm ist, ist es auch kein Wunder, dass die Gehälter in die Höhe schnellen. Natürlich verdient der ein oder andere als Hobbyspieler noch 2-3 Euro mehr, aber das sehe ich nicht als problematisch an. Das beruht zu meist auf regionalen Sponsoren die sich im Verein noch ein bisschen engagieren. Was die Infrastruktur angeht profitieren dann auch andere Sportarten davon.

    Liebe Grüße

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